Jahresprogramm 2024
Aktuelles Vortrag von Florian Illies: „Was denkt der „Mönch am Meer“? Ein Strandspaziergang mit Caspar David Friedrich“
Vortrag von Florian Illies in der Villa Hügel | © Krupp-Stiftung/Foto: Peter Gwiazda

Vortrag von Florian Illies: „Was denkt der „Mönch am Meer“? Ein Strandspaziergang mit Caspar David Friedrich“

Gestern Abend hielt Florian Illies in der Oberen Halle der Villa Hügel einen inspirierenden Vortrag über Caspar David Friedrichs berühmtes Gemälde „Mönch am Meer“. Illies nahm die Zuhörer mit auf eine gedankliche Reise entlang der Ostseeküste und in die emotionalen und existenziellen Fragen des Künstlers. Das Gemälde, entstanden 1810, markiert die Geburtsstunde des Glaubens an den Zweifel und wird als das erste Glaubensbekenntnis der Moderne beschrieben. Friedrich fängt die Einsamkeit, Zweifel und die Sehnsucht des Mönches auf beeindruckende Weise ein.

Das Bild, das Illies als eines der traurigsten Bilder von Friedrich und zugleich progressivstes Bild seiner Zeit bezeichnet, sei inspiriert von Friedrichs Heimat an der Ostseeküste und seinen endlosen Spaziergängen am Strand von Rügen. Es sei ein Ausdruck der Sehnsucht des Künstlers nach seiner alten Heimat, denn entstanden sind die Bilder in Dresden in einem Haus an der Elbe, als kein Licht den Künstler erreichte. Illies erzählte, dass sich der Künstler monatelang mit dem fluiden Bild beschäftigte, das auch als Selbstbildnis verstanden werden könne. Illies bezeichnete den Mönch als Verführten und Verführer. Einerseits wurde er zum Strand gelockt und allein gelassen, andererseits wird der Betrachter dazu verführt sich mit dem Mönch in den Abgrund des Zweifelns zu begeben.

lllies erklärte, dass dieses Gemälde mit den Konventionen des 19. Jahrhunderts bräche, weil es keine idealisierte Darstellung der Landschaft zeige. Nie sei das Zweifeln an Gott und die Verlorenheit angesichts der Naturgewalten kompromissloser dargestellt worden. Die dargestellte Hoffnungslosigkeit hinterließ einen bleibenden Eindruck bei dem Schriftsteller Heinrich von Kleist, der schrieb: „beim Betrachten ist es als sei einem die Augenlider weggeschnitten,“

Pointiert hielt Illies fest, dass das progressivste Bild der damaligen Zeit vom konservativsten König Europas wurde: Der preußischen König Friedrich Wilhelm III. erwarb das Bild „Mönch am Meer“ zusammen mit dem Werk „Abtei im Eichwald“, die ein Bilderpaar bilden. Während im Bild „Abtei im Eichwald“ ein Mönch zu Grabe getragen und somit der Tod und Verlust der Hoffnung thematisiert werde, habe der „Mönch am Meer“ auch eine positive Botschaft: Die Betrachtenden des Bilds könnten im Gegensatz zum zusammengekauerten Mönch sehen, dass der Himmel über ihm aufgerissen sei. Ein verheißungsvolles Blau leuchte, das für Trost des Glaubens und der Anwesenheit Gottes stehe. So sei das Bild nicht nur ein Symbol der Verzweiflung, sondern auch der Hoffnung. Das reine hellblau wurde im Rahmen der Restaurierungsarbeiten wiederentdeckt, die von Krupp-Stiftung gefördert wurde.

Das berühmte Bilderpaar „Mönch am Meer“ und „Abtei im Eichwald“ wird anlässlich des 250. Geburtstages von Caspar David Friedrich bis zum 4. August in der Alten Nationalgalerie in der Ausstellung „Caspar David Friedrich: Unendliche Landschaften“ gezeigt.